Niedersachsen klar Logo

Anklageerhebung wegen mehrerer Sexualstraftaten gegen den Verdächtigen im Fall Madeleine „Maddie“ McCann

Presseinformation vom 11.10.2022


Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat heute vor dem Landgericht Braunschweig Anklage gegen einen 45-jährigen Deutschen wegen mehrerer Sexualstraftaten erhoben, die dieser zwischen dem 28.12.2000 und dem 11.06.2017 in Portugal begangen haben soll.

Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um dieselbe Person, gegen die auch im Zusammenhang mit dem Verschwinden des damals 3-jährigen britischen Mädchens Madeleine Beth McCann am 03.05.2007 aus einer Appartementanlage in Praia da Luz in Portugal wegen des Verdachts des Mordes ermittelt wird.

Konkret werden dem Angeschuldigten mit der Anklage drei Taten der jeweils schweren Vergewaltigung und zwei Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen und zwar im Einzelnen:

1. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 28.12.2000 und dem 08.04.2006 eine unbekannt gebliebene ca. 70-80 Jahre alte Frau in ihrer Ferienwohnung in Portugal in deren Schlafzimmer überrascht zu haben. Dann soll der maskierte Angeschuldigte das Opfer gefesselt und vergewaltigt haben. Anschließend habe er mehrfach mit einer Peitsche auf das Opfer eingeschlagen. Das gesamte Geschehen soll der Angeschuldigte mit einer Videokamera aufgezeichnet haben.

2. An einem weiteren nicht mehr genau bestimmbaren Tag zwischen dem 28.12.2000 und dem 08.04.2006 soll der Angeschuldigte ein unbekannt gebliebenes, deutsch-sprachiges Mädchen im Alter von mindestens 14 Jahren in dem von ihm bewohnten Haus in Praia da Luz in Portugal nackt an einen im Wohnzimmer vorhandenen Holzpfahl gefesselt haben. Zunächst habe er das nackte Mädchen mit einer Peitsche geschlagen. Anschließend soll der Angeschuldigte das Mädchen brutal zum Oralverkehr gezwungen haben. Auch diese Tat habe der Angeschuldigte videografiert.

3. Am 16.06.2004 gegen 03:00 Uhr soll sich der Angeschuldigte in Praia da Rocha in Portugal über den Balkon Zugang zum Appartement einer damals 20-jährigen Frau aus Irland verschafft haben. Die schlafende Frau sei dann von dem maskierten Angeschuldigten unter Vorhalt eines Messers geweckt und brutal vergewaltigt worden. Anschließend habe der Angeschuldigte die Frau an einen Tisch gefesselt und geknebelt und erneut vergewaltigt. Sodann habe er das Opfer mit einer mitgebrachten Peitsche auf dem Rücken ausgepeitscht und schließlich gewaltsam den Oralverkehr mit dem Opfer ausgeführt. Große Teile des Geschehens habe der Angeschuldigte mit einer mitgebrachten Videokamera gefilmt. Während der Angeschuldigte später über den Balkon geflohen sei, sei es dem Opfer gelungen, sich zu befreien und weinend um Hilfe zu bitten.

4. Am 07.04.2007 gegen 15:30 Uhr soll der Angeschuldigte an einem Strandabschnitt von Salema im Distrikt Faro in Portugal nur mit Schuhen bekleidet und ansonsten nackt einem dort an den Felsen spielenden zehnjährigen, deutschen Mädchen hinter einem Felsloch aufgelauert haben. Er habe das Kind am Handgelenk gepackt und begonnen, an seinem nackten Penis Masturbationsbewegungen zu vollziehen. Dabei habe er das Mädchen grinsend aufgefordert, auf sein nacktes Geschlechtsteil und die daran vollzogenen Masturbationsbewegungen zu schauen, um sich dadurch sexuell zu erregen. Nachdem der Angeschuldigte zum Samenerguss gekommen sei, habe er von dem Mädchen abgelassen und sei geflüchtet.

5. Am 11.06.2017 habe der Angeschuldigte in den frühen Morgenstunden um ca. 02:00 Uhr während des sogenannten Schneckenfestes auf einem Spielplatz in Bartolomeu de Messines in Portugal Blickkontakt zu einem 11-jährigen portugiesischen Mädchen aufgenommen, die auf der Schaukel des dortigen Spielplatzes gesessen habe. Dann habe sich der Angeschuldigte unter ständigem Blickkontakt mit dem Kind seine Hose und Unterhose heruntergezogen und an seinem nackten Penis Masturbationsbewegungen vorgenommen, um sich sexuell zu erregen, bis das erschrockene Mädchen hilfesuchend zu ihrem Vater gelaufen sei. Der Angeschuldigte konnte noch vor Ort von der portugiesischen Polizei festgenommen werden.

Auf Grundlage der Anklageschrift wurde auch der Erlass eines Haftbefehls beantragt, weil aus Sicht der Staatsanwaltschaft dringender Tatverdacht besteht. Zudem besteht Flucht- und Wiederholungsgefahr.

Der über 100 Seiten umfassenden Anklageschrift sind mehrjährige, sehr intensive und aufwendige Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern, insbesondere durch das Bundeskriminalamt, vorangegangen.

Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um einen mehrfach vorbestraften Sexualstraftäter, der unter anderem auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden ist.

Derzeit verbüßt der Angeschuldigte eine 7-jährige Haftstrafe wegen einer Vergewaltigung, die er 2005 ebenfalls in Portugal begangen hat.

Die Zuständigkeit Staatsanwaltschaft Braunschweig ergibt sich aus dem Umstand, dass der Angeschuldigte vor seinem Auslandsaufenthalt seinen letzten Wohnsitz in Braunschweig hatte.

Die Anklage erfolgte zur Jugendkammer des Landgerichts Braunschweig, weil es sich bei den Opfern einiger der angeklagten Taten um Kinder oder Jugendliche handelt und damit sogenannte Jugendschutzsachen vorliegen.

Die Ermittlungen zum Verschwinden Madeleine McCanns dauern indes ungeachtet der Anklageerhebung weiter an. Angesichts der laufenden Ermittlungen können diesbezüglich zum jetzigen Zeitpunkt auch weiterhin keine näheren Informationen zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen mitgeteilt werden.

In diesem Zusammenhang wird auch weiterhin um Mithilfe der Bevölkerung gebeten. Ein entsprechender Zeugenaufruf mit weiteren Informationen findet sich auf der Webseite des Bundeskriminalamtes:

www.bka.de/oeffentlichkeitsfahndung7

Den bild- oder tonversendenden Medien wird am 12.10.2022 um 14:00 Uhr im Gebäude der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Turnierstraße 1 in 38100 Braunschweig, Gelegenheit zu Kameraaufnahmen im Inhalt und Umfang dieser Pressemitteilung im Rahmen eines Statements gegeben. Ein Pressegespräch oder eine Pressekonferenz finden nicht statt.

Hans Christian Wolters

Erster Staatsanwalt

Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.10.2022

Ansprechpartner/in:
Oberstaatsanwalt Hans Christian Wolters

Staatsanwaltschaft Braunschweig
Pressesprecher
Turnierstraße 1
38100 Braunschweig
Tel: 0531 488-1209

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln